19.4.2015
Ein Gärtner ohne Namen zieht in „Tausendschön“ein.
Es passieren im Gartenbereich manchmal Dinge, die so ungewöhnlich sind, dass man auch mit größter Fantasie nicht darauf kommen würde. Was sich heute am Sonntag, den 19. April, ereignet , das ist so eine Geschichte. Sie kann eigentlich nur getoppt werden, wenn man beim Umgraben, bzw. beim Ausheben des Bodens für einen Gartenteich – der ist auch schon geplant – auf einen Schatz stoßen würde. Viel realistischer ist es doch, dass man auf vergrabenen Müll stößt.
Nun aber erst einmal zur Vorgeschichte zu unserer Gärtner-Geschichte. Gebrauchte Gartengeräte sind abzuholen von einem älteren Herrn, der in der Nachbarschaft wohnt. Er will sie uns überlassen, weil er selbst inzwischen zu alt sei, um seinen Garten zu bewirtschaften und wir entgegen der Vereinbarung, die überlassenen Geräte um des lieben Friedenswillen zurück geben.
Wir holen diverse Gartengeräte ab: Harken, Hacken, einen Spaten einen Furchenzieher aus Aluminium und einen „Gartenwiesel“, ein Gerät mit spitzen sternförmigen Zackenkränzen. Das Gerät ist doch eher mit dem Stachelkleid eines Igels vergleichbar und der Name „Gartenigel“ wäre doch passender. Na gut. Es heißt „Gartenwiesel“. Die Freude über die geschenkten Geräte ist groß. Die Stiele sind alle noch in Ordnung, nur die Eisenteile haben schon ein bisschen Rost angesetzt Doch mischt sich bei mir bei aller Freude ein bisschen Traurigkeit ein. Der alte Herr gibt seinen Garten aus Altersgründen auf und gibt die Geräte in neue Hände. Das Altwerden steht jedem von uns bevor. Jeder von uns Gartenfreunden wird einmal so gebrechlich werden, dass er auch nicht mehr so tatkräftig schaffen kann wie in jüngeren Jahren. Er muss dann, von aktiver Gartentätigkeit Abschied nehmen und kann nur noch an die schöne Gartenzeit zurückdenken. Täglich schaut er am Gemeinschaftsgarten Tausendschön vorbei. Er weiß die Geräte in guten Händen. Hier werden sie gebraucht und gepflegt.
Nun aber zu der merkwürdigen Geschichte. Auf dem Weg zur Abholung kommen wir – Elisabeth und ich – an einem Container vorbei. Von weiten sehen wir auf dem Container eine blaue und eine grüne Regentonne liegen. Wir sind daran interessiert und sehen uns an, was sonst noch Brauchbares im Container lagert. Wir trauen unseren Augen nicht. Halb von ausgedientem Gartenmobilar und anderen Sachen bedeckt, ragt ein Kopf, und der Oberkörper mit Arm aus dem Gerümpel hervor. Wir legen die übermannsgroße Figur frei, fassen sie an und stellen fest, dass sie aus Kunststoff angefertigt ist und einen auf einem Sockel stehenden Gärtner darstellt. Was für ein Zufall, was für ein Glücksfall! Passt die Statue nicht als Wahrzeichen in unseren Gemeinschaftsgarten? Elisabeth klingelt beim Hauseigentümer und bekommt die Erlaubnis, alles aus dem Container mitzunehmen, was wir gebrauchen können.
Nun stellt sich das Problem, wie die Sachen abtransportiert werden können. Die übergroße Statue, wo passt die rein? Elisabeth macht den Vorschlag, am nächsten Morgen einen Anhänger zu besorgen und darauf alles aufzuladen. In meiner Befürchtung, dass ein anderer bis dahin die Statue wegholt, erkläre ich mich bereit, meinen Ford Fiesta leer zu machen, die Rücksitze umzuklappen und den Versuch zu unternehmen, mit geöffneter Heckklappe den Gärtner noch heute in den Garten zu holen. Gesagt, getan. Das Vorhaben gelingt.
Lothar und ich holen die große Figur aus dem Container heraus und platzieren sie mit dem Sockel voran liegend in den Laderaum, so dass Kopf und Oberkörper herausgucken. Mit geöffneter Heckklappe fahre ich auf Nebenstraßen in Richtung Gemeinschaftsgarten. Lothar fährt auf dem Fahrrad hinterher und passt auf, dass der Gärtner in seiner Lage im Auto nicht verrutscht oder sogar heraus kippt.
Die Passanten, die die ungewöhnliche Fuhre beobachten, können sich wohl keinen Reim darauf machen, was hier abgeht. Ich selbst komme mir vor, als ob ich Tut-ench-Amun oder einen anderen einbalsamierten ägyptischen Pharao entführe. Im Gemeinschaftsgarten tragen wir den entladenen Gärtner hinter den Stall. Er soll ja erst restauriert werden, bevor er einen würdigen Platz im Garten findet.
Ein Gärtner als Statue im Garten. Vielleicht ein schönes Wahrzeichen. Sein Name ist noch unbekannt. Deshalb rufen wir auf
„Gib dem Gärtner einen Namen“.